Dummheit siegt!
Ob Paarberatung, Teamsupervision oder Mediation, in konfliktträchtigen Situationen, während langem Ringen um Lösungen, fällt oft von einem der Kontrahenten der Satz „Der Klügere gibt nach!“. Gerne begleitet von einem resigniert-genervten Tonfall, seufzendem Ausatmen und müder Körperhaltung.
Wer hat sich eigentlich diesen Spruch ausgedacht? Warum wird dieser von Generation zu Generation weitergegeben? Und warum gibt der Kluge nach und überlässt dem Nicht-Klugen das Feld?… Schon lange denke ich darüber nach.
Mein Mann behauptet ich hätte einen offensiven Fahrstil.
Finde ich nicht. Ich bin einfach viel mit dem Auto unterwegs. Das herausfordernde Verhalten von Dränglern, Schleichern, Permanent-Linksfahrern, Rechts-Überholern u.a. provoziert mich eher umgehend pragmatisch zu reagieren. Ohne Frage gibt es dabei nicht selten Situationen, wo es zweifellos gesünder und sicherer – letztlich: klüger ist „nachzugeben“.
Es ist klug, nicht jeden Kampf anzunehmen.
Unser archaischer Überlebensinstinkt lässt uns instinktiv erkennen, was ein Angriff erfordert: fight1, flight1, freeze2 oder fright2. Wir handeln weise nicht mit jedem Bären zu kämpfen. Aber nehmen wir an, die Bären lernen, dass alleine ihr Auftauchen uns rennen oder erstarren lässt. Sie werden vermutlich zunehmend dreister, immer mehr Gebiet einnehmen und unseren Lebensraum verkleinern.
Kämpfen lernen!
Deshalb müssen wir zum einen persönliche „Kampfkompetenz“ trainieren und zum anderen unterstützende Vernetzung sichern, um gemeinsam freche Angreifer in ihre Schranken zu weisen.
Aber was es vor allem anderen braucht ist: Mut!
Mut, um für das was uns wichtig ist, was wir als wahr und richtig erkannt haben einzustehen! Überlassen wir den Bären nicht unser Feld! (SR)
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1 Walter Cannon beschrieb 1915 die psychische und physische Anpassungsreaktion in Stresssituationen durch Kampf oder Flucht (fight-or-flight)
2 1987 erweitert u.a. Jeffrey Gray um die Reaktionssequenz ‚freeze‘, einer Art Bewegungslosigkeit und ‚fright‘ einem durch Muskellähmung und Furcht einhergehendem Verhalten des Sich-totstellens.
Im Laufe der Forschung wurden immer weitere Verhaltensweisen ergänzt, so auch deutliche Unterschiede der Geschlechter (z.B. ‚tend-and-befriend‘, Taylor et al).